Fünf Jahre!

Liebstes großes Kind, endlich bist du fünf Jahre alt!

Die letzten Monate und Wochen wurden uns ziemlich lang, jeden einzelnen Tag hast du von deinem Geburtstag gesprochen, von deinen Vorstellungen, vor allem von der Schatzsuche, die auf jeden Fall stattfinden sollte. Fast täglich hast du die Namen deiner Gäste aufgeschrieben und eine (von Peppa Wutz) inspirierte Schatzkarte gezeichnet. Dass es irgendwie sinnvoller ist, wenn Mama und Papa sich um die Schatzsuche kümmern, wollte dir irgendwie nicht so recht in den Sinn.

Du bist so ein großes Mädchen. In zehn Monaten kommst du endlich in die Vorschule und du kannst es kaum erwarten. Diesen Sommer hast du bereits bitterlich geweint, weil ja ALLE schon in die (Vor-)Schule kamen, nur du nicht. Bei ALLE handelte es sich um etwa drei Kinder, deine ganzen Freunde sind noch in der Kita, aber gut. Ich bin froh, dass es in Hamburg die Vorschule gibt. Nicht, dass ich dir nicht noch ein Jahr Kita gönnen würde, aber ich glaube, es ist das richtige. Du schreibst recht viel, ich soll dir des öfteren alle möglichen Worte buchstabieren. Lesen ist noch nicht drin und ich bin mir auch unsicher, ob du das, wie ursprünglich mal geahnt, schon vor der Schule lernen wirst. Du erkennst natürlich alle Buchstaben und dir bekannte Worte, aber Zusammensetzen oder überhaupt verstehen, aus was für Buchstaben ein Wort besteht, soweit bist du noch nicht. Aber das ist ja auch nicht schlimm.

Vor einigen Wochen hatte ich das sogenannten „Viereinhalbjährigen-Gespräch“ in der Kita und deine Erzieherin war voll des Lobes für dich. Sie meinte, du hättest im letzten Jahr eine gewaltige Entwicklung durchgemacht. Du seist sehr sozial, würdest dich immer um andere kümmern und besonders auf die Kinder zugehen, die gerade allein und ohne Spielpartner seien. Ich muss gestehen, ich war überrascht, das zu hören, aber natürlich ist die Kita immer eine andere Situation als Zuhause.

Sie betonte auch, wie gut du beobachten kannst, wie höflich du seist und wie gut du immer den Überblick behalten würdest. Datum, Monat, Wochentag, da wärest du immer auf Stand und du erinnerst zuverlässig an vergessene Dinge, im Morgenkreis z.B.

Sie würden dich natürlich gerne noch das Vorschuljahr in der Kita behalten, da die kleineren Kinder von den Großen nur profitieren können, aber sie verstehen natürlich, dass es doch mal Zeit für eine Änderung ist.

Dass sich was ändern wird, zeigst du auch selbst. Es gibt den merkwürdigen Ausdruck der „Wackelzahn-Pubertät“ oder „Vorschul-Pubertät“ und auch wenn du natürlich noch keine Wackelzähne hast, die entsprechenden Änderungen scheinen schon in deinem Hirn vorzugehen. Bei der kleinsten Ungerechtigkeit verfällst du in Wutanfälle, die teilweise schon in Hysterie umschlagen. Es ist kaum möglich, dich da rauszuholen. Gleichzeitig verbalisierst du, wie du dich fühlst: „Ich bin jetzt echt stinkesauer! Ich hab jetzt so schlechte Laune!“ Ein bisschen lustig ist das dann schon, aber lachen natürlich keine gute Idee in dem Moment. Ganz neu ist auch, wenn du weinst: „Ich weine jetzt schon so lange, aber niemand tröstet mich! Wer weint, muss getröstet werden!“ Und dann fühle ich mich für einen Moment immer wie die schlechteste Mutter der Welt. Aber ich finde es auch sehr beeindruckend, wie gut du deine Emotionen beschreiben kannst.

Über deine Sprache staune ich eh immer wieder. Du drückst dich oft wahnsinnig gewählt aus, nutzt die irrsten Wörter, um dann gleichzeitig anzukommen und mich nach den Bedeutungen von Wörtern zu fragen, die du doch eigentlich schon ewig völlig korrekt nutzt. Fragen stellen kannst du eh ganz wunderbar und manchmal möchte ich schreien, wenn du wieder anfängst mit: „Mama?? Wieso…?“

Seit dem Ende der Sommerferien gehst du in den Kinderchor. Es hat dir direkt sehr gut gefallen und du freust dich jede Woche wieder darauf. Ich freue mich wiederum sehr, dass du mir in dem Punkt so ähnlich bist. Nach grade mal drei Proben bist du bereits völlig unerschrocken mit dem Chor beim Gottesdienst aufgetreten und auch ohne zu Zögern mit in die unteren Räume zur Kinderkirche gegangen. Ohne uns Eltern. Das fand ich sehr beeindruckend!

Dafür traust du dich jetzt schon seit längerem nicht mehr alleine in den Raum beim Kinderturnen. Dort ist jetzt eine andere Anleiterin und diese scheint dir irgendwie Angst zu machen. Momentan gehen wir gar nicht dorthin, mal sehen, ob sich das noch irgendwie lösen lässt.

Was gibt es noch über dich zu berichten? Fahrradfahren hast du gelernt im letzten Lebensjahr. Nachdem wir für ein paar Wochen die Pedale abmontiert hatten, ging es dann auf einmal. Ich war fast so aufgeregt, wie damals als du Laufen lerntest.

Deine kleine Schwester ist dein ein und alles. Ihr liebt euch wirklich sehr und mir geht oft das Herz auf, wie ihr beide interagiert. Natürlich ärgerst du sie nach wie vor, aber oft beruht es auf Gegenseitigkeit.

Vor einigen Monaten hast du eine Vorliebe für Igel entwickelt. Auslöser war das Geschenk einer entfernten Verwandten, ein großer runder Plüschigel. Seitdem muss ich alles igelig sein und du vergehst vor Verzücken, wenn du irgendwo irgendwas mit Igeln siehst. Einen echten lebenden Igel hast du bisher leider nicht gesehen, nur mal einen toten auf dem Weg zur Kita, der war zum Glück äußerlich unversehrt. Ich bin gespannt, wie lange diese Liebe noch anhält, denn tatsächlich finde ich den Igel ein sehr passendes Tier für dich. Niedlich, aber gleichzeitig stachelig!

Du malst nach wie vor sehr gerne, oftmals immer wieder dasselbe Sujet. Und du verbrauchst Unmengen an Papier. Als ich das Papier außer Reichweite räumte und dich bat, doch auch mal die Rückseite der Blätter zu verwenden, war das wohl das größte Unrecht überhaupt.

Am anstrengendsten sind übrigens schon seit längerem die Nachmittage, an denen wir nichts weiter vorhaben. Du weißt oftmals nichts mit dir anzufangen, bist natürlich auch etwas erschöpft von der Kita und dann muss ich dich ständig vom Einschlafen abhalten. Ich hasse das und hoffe, dass sich das bald bessert. Denn natürlich bin ich dann immer die böse Mama, die rumschreit. Leider haben wir nicht so viele soziale Kontakte, wie ich es gerne hätte. Eine gute Freundin von dir, mit deren Mutter ich auch sehr gut befreundet war, ist leider im Frühjahr weggezogen und wir vermissen sie schmerzlichst. Einen passenden „Ersatz“ haben wir leider noch nicht gefunden.

Geliebte große Tochter, ein halbes Jahrzehnt bin ich nun schon deine Mama! Manchmal sehe ich Fotos von früher an und kann mich kaum an das kleine dünne Baby bzw. später das knuddlige Kleinkind mit diesem unglaublichen Haarschopf erinnern. Du bist schon so ein großes Mädchen und wir lieben dich über alles!

Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!

Deine Mama, dein Papa