WMDEDGT September 2020

Wie jeden fünften eines Monats fragt Frau Brüllen, was wir eigentlich den ganzen Tag so machen.

Ich wache im Zimmer des kleinen Kindes auf, es ist hell, die Rolläden sind schon oben, es wird also nach halb sieben sein.
Offenbar habe ich komplett durchgepennt, seit ich das kleine Kind gegen halb eins ins Schlafzimmer gebracht habe. Das ist doch auch mal erfreulich. Die Kinder sind leise, ich döse weiter. Irgendwann steht das kleine Kind im Zimmer, den Frosch aus meinem Bett im Arm. Sie winkt mir freundlich zu, ich sage „Hallo Mäuschen!“ und drehe mich wieder um.
Das große Kind hört den Eiskönigin-Soundtrack.

Gegen halb acht kommt das kleine Kind zum Kuscheln zu mir ins Bett. Nach etwa zehn Minuten wird es aber doch mal Zeit, dass ich aufstehe. Ich gehe ins Zimmer vom großen Kind und begrüße sie. Sie ist erstaunlich friedlich. Beim großen Kind weiß man nie, in welcher Stimmung man sie vorfinden wird.

Frühstückszeit. Es ist nicht mehr ganz so ruhig. Das kleine Kind hat momentan Anfälle von Dreijährigkeit. Ständig ist alles falsch, sie weiß nicht so recht, was sie will, aber das auf keinen Fall. Das ist sehr ungewohnt für uns, da sie normalerweise unser ausgeglichener Sonnenschein ist. Das Ergebnis ist jedenfalls Marmelade allüberall, besonders auf dem Kind.

Ich befrage die Kinder, ob wir in die Bücherhalle gehen wollen. Sie sind begeistert und wollen wissen, wie wir dahinkommen und ob sie ihre Masken tragen müssen.

Vor dem Losgehen steht aber etwas Haushalt. Der Mann verabschiedet sich zum Sport, ich gehe in den Keller, schmeiße eine Maschine 40°-Wäsche an und lege die trockene zusammen. Außerdem müssen die Betten bezogen werden, das ist schon wieder länger her als eigentlich geplant. Die Kinder dürfen sich die gewünschte Bettwäsche ausziehen und dann eine Runde „Doc McStuffins“ gucken.

Schließlich sind alle Betten neu bezogen und meine Zähne geputzt. Die Kinder kommen hoch und lassen sich ebenfalls die Zähne putzen.

Um viertel nach zehn machen wir uns bereit zum Losgehen. Es hat den ganzen Morgen geregnet, aber nun kommt die Sonne raus. Timing!

Wir fahren mit dem Bus. Die Kinder wollen schon an der Haustür ihre Masken aufsetzen. Etwa 20 Minuten später sind wir an der Bücherhalle angelangt. Dort ist irgendwas komisch, die Menschen verhalten sich merkwürdig. Ich wundere mich etwas, bis das große Kind sagt: „Oh, da ist ja eine Taube“. „Eine Taube? Hier drin?“, frage ich? „Ja“, sagt sie in einem total neutralen Ton, als ob das jeden Tag geschähe. Kinder sind schon seltsam manchmal.

Wir sind jedenfalls recht erfolgreich, ich habe rasch drei Bücher zusammen und auch für die Kinder finden wir relativ schnell vier interessante Bücher. Dann möchte ich mir noch ein paar Zeitschriften ausleihen. Die sind eigentlich im Saal nebenan, aber die Tür ist abgeschlossen. Ich frage am Schalter nach und erfahre, dass der Saal gesperrt ist, weil die Decke runtergekommen ist. o_O Und das in einem nur wenige Jahre alten Gebäude. Kaum zu fassen!

Die Kinder möchten draußen noch etwas auf dem kleinen Spielplatz spielen, ich sitze in der Sonne und ärgere mich, keine Sonnenbrille mitgenommen zu haben. Nach einer Weile gehen wir ins kleine Einkaufszentrum, wo ich im Rewe eine Diskussion über Trockenhefe anfange. Die Kinder wünschen Schokoriegel. Na gut. Außerdem fachsimpeln sie über die Luftballonauswahl, aber wenn wir irgendwas nicht brauchen, dann sind es Luftballons.

Nach dem Bezahlen spielen sie noch in einem dieser Fahrzeuge, in die man Geld einwerfen muss, was ich allerdings nie tue. Die Kinder störts nicht, nach dem Hubschrauber wird begeistert die Feuerwehr bespielt, danach gehts mit der U-Bahn und dem Bus heim.

Dort nimmt uns der Mann in Empfang, ich packe alles aus und gehe Wäsche aufhängen. Er bereitet das Essen vor und liest dann den Kindern aus den ausgeliehenen Büchern vor. Danach gibts Essen. Das kleine Kind kriegt schon wieder einen Anfall, weil sie mit dem Angebot nicht zufrieden ist, aber irgendwann isst sie doch etwas.

Nach dem Essen muss ich kurz ausrasten, weil die Kinder auf der Terrasse mit ollem Regenwasser rumspritzen, dort steht halt nur zufällig auch die saubere Wäsche. Ich zitiere beide rein und schließe die Tür. Keine Sternstunde meinerseits. Naja.

Die Kinder geben sich erstaunlicherweise damit zufrieden und beschäftigen sich anderweitig. Ich gehe in die Küche, um abzuwaschen. Ich will heute meinen neuen elektrischen Zerkleinerer ausprobieren, der muss erstmal gereinigt werden.

Danach lese ich dem großen Kind ein weiteres Buch vor, das ich ziemlich witzig finde, während der Mann das kleine Kind wickelt und anzieht.
Wie fast jeden Nachmittag fahren sie heute zu des Mannes Mutter. Für mich immer ein paar Stunden Ruhe und ich kann mich gar nicht so recht entscheiden, was ich heute alles erledigen will. Also, nachdem ich diesen Text geschrieben habe.

Jetzt ist es 14:27 Uhr.

Ich beschließe, meinen neuen elektrischen Häcksler auszuprobieren und zum ersten Mal seit Jahren mal wieder gekörnte Brühe herzustellen. In Rekordzeit habe ich Sellerie, Möhren, Zwiebeln, Chili, Knoblauch und Lauch zerkleinert. Ich bin begeistert! Ganz neue Zeiten brechen an. Am liebsten würde ich direkt mit meinen Lieblingskeksen weitermachen, für die ich gehackte Walnüsse und Schokolade brauche, aber der Ofen ist jetzt eh erstmal belegt. Ich schiebe das zerkleinerte Gemüse bei 80°C in den Ofen, mache mir eine Tasse Tee und gehe nach oben auf den Dachboden. Da ist mein Nähplatz. Des Mannes Hose ist im Schritt gerissen und meine eigene Jeans ist am Knie ganz dünn. Die ist ja auch bloß erst xmal geflickt. Hält alles nicht ewig. Beide Hosen lassen sich ohne großen Widerstand flicken und an meiner ist es sogar fast unsichtbar. Sehr schön!

Dann gehe ich runter, um meinen Rücken auszuruhen. Ich lese in meiner neuesten Errungenschaft „Hamilton – The Revolution“. Von dem Musical bin ich seit zwei Monaten quasi besessen und verschlinge alles, was ich dazu finde.

Mehr mache ich nicht bis die Kinder kommen, außer irgendwann noch die zweite Ladung Wäsche, diesmal Bettwäsche aufzuhängen.
Außerdem nervt mich sehr ausdauernd eine Fliege, ich kriege sie aber nicht erwischt.
Ansonsten habe ich den ganzen Nachmittag total Lust auf irgendwas wirklich leckeres Süßes, aber es ist leider nichts da. Ich begnüge mich mit zwei Stücken Schokolade und ein paar Mokkabohnen.

Um halb sechs trudelt der Rest der Familie ein. Die Kinder haben bei Oma offenbar Pizza gegessen und gebadet, außerdem gemalt und, wie ich später erfahre, eine Tierdokumentation im Fernsehen gesehen. Igel essen auch tote Vögel. Weiß ich das jetzt auch.

Die Kinder spielen „Doc McStuffins“ nach und untersuchen alles und jeden. Ich bin ziemlich fasziniert. Der Mann meinte mal, er hätte früher auch immer Fernsehserien nachgespielt, aber ich habe offenbar nie irgendwas passendes in meiner Kindheit gesehen.

Um halb sieben muss ich nochmal haushaltstechnisch aktiv werden. Die Kinder hatten sich beim Einkaufen herbstliche Fensterdekorationen ausgesucht, dafür müssen aber erst die Fenster geputzt werden. Das hab ich um die Uhrzeit auch noch nie gemacht. Ich putze alle Fenster im ersten Stock und wo ich grad schon mal dabei bin, auch das in der KÜche. Das ist immer am dreckigsten und da werde ich später auch nochmal ranmüssen, ganz sauber ist es nicht geworden.

Die sauberen Fenster sind verführerisch und so kleben die Kinder nicht nur Aufkleber an die Glasscheiben, sondern holen auch die Fenstermaler aus dem Regal. Ok, ich bin selbst schuld, ich hab ihnen gesagt, wo die Dinger stehen.
Streit bricht aus, weil das kleine Kind nur „Krikelkrakel“ malt, obwohl das große Kind doch so genaue Vorstellungen hat, wie das Bild aussehen soll.

Der Mann kümmert sich ums kleine Kind, ich putze das Fenster nochmal und lasse sie ihr Werk vollenden.

Um kurz nach sieben geht das kleine Kind ins Bett, danach folgt das große, nachdem ich sie ausdauernd in ihren Schlafanzug quatschen musste.

Um viertel vor acht mache mir was zu essen und schreibe diesen Text fertig.

Der Mann guckt College Football in der Pandemie-Variante und ich lese in meinem Buch weiter.

Gute Nacht!