Einer meiner häufigsten Gedanken in den letzten Wochen und Monaten war, dass so ein älterwerdendes Kind ja schon echt cool ist. Also Babys sind echt super, aber diese ganzen Features, Laufen, Sprechen, sich ein bisschen selbst beschäftigen, manchmal auch machen, was Mama oder Papa sagen, das hat schon was.
Ok. Diese Phase dauert nur wenige Monate an, dann kommt nämlich die „Ich kann das alles selber“-Phase. Genannt auch Trotz- oder Autonomiephase, und die nimmt grade erst Fahrt auf.
Vor ein paar Tagen las ich auf Twitter folgenden Tweet:
Kinder, die nichts dürfen, werden zu Erwachsenen, die nichts können.
— Miss Sprachlos™ (@Sprach_los) 27. Juni 2016
Ich schätze mal, da ist viel wahres dran.
Das Kind möchte also möglichst alles selbst machen und ich bemühe mich, sie gewähren zu lassen. Eben weil, siehe oben und sie ist natürlich viel zufriedener. Ein zu weit aufgemachter Schlafsack (sie öffnet den selbst, der Reißverschluss hatte sich aber letztens verklemmt) kann schon einen ziemlichen Wutanfall auslösen.
Dazu das klassische Kleinkind-Dilemma: etwas selber machen wollen, aber nicht können und WEHE, Mama will helfen! Woah!
Und selbstverständlich möchte sie auch nicht mehr im Buggy fahren. Sie kann ja selbst laufen. Nun kennen alle Eltern kleiner Kinder die Geschwindigkeit eines Spaziergang mit eben diesen kleinen Persönchen. Ich nenne es Spazierenstehen.
Nur leider stehen wir eben für gewöhnlich nicht spazieren, sondern haben ein Ziel, morgens die Kita, nachmittags unser Zuhause.
Der Weg zur U-Bahn dauert in halbwegs flotter Gehgeschwindigkeit etwa 10 Minuten. Mit Kind zu Fuß 20-40 Minuten, je nach Uhrzeit und Wetter. Das kann ich umgehen, indem wir den Bus nehmen, da brauchen wir nur noch etwa 5 Minuten bis zur Bushaltestelle.
Dann fahren wir U-Bahn. Allerwichtigstes Feature der U-Bahn sind die Knöpfe zum Öffnen der Türen. Die MÜSSEN gedrückt werden!!1 Und wenn das grad nicht geht, dann drückt man halt den nächstbesten Knopf, bspw. den Notrufknopf. So geschehen vorgestern, morgens im Berufsverkehr. Große Freude. Zum Glück hatte der Fahrer Verständnis und wir haben die Bahn auch nur etwa zwei Minuten aufgehalten. Zum Glück habe ich die Fähigkeit, andere Leute komplett auszublenden, ich habe also keine Ahnung, wie so um uns reagiert wurde. Auch praktisch bei Brüllanfällen in aller Öffentlichkeit.
Immerhin, grade haben wir so halbwegs den Kompromiss, sie darf möglichst an jeder Haltestelle den Knopf drücken und die Türen öffnen, dafür bleibt sie zwischen den Stationen im Buggy. Sie dauerhaft auf dem Arm halten, geht nicht, da habe ich letzte Woche mit Überlastungsschmerzen im Unterarm bezahlt.
Nach dem Aussteigen aus der Bahn folgt der Fußweg zur Kita. Wiederum knappe zehn Minuten. Das Kind möchte laufen, hat jetzt aber die Angewohnheit gerne mal stehenzubleiben, umzudrehen, zu heulen, wieder stehenzubleiben, doch vorwärts zu gehen und so weiter.
Ganz besonders schön ist dieses Stehenbleiben, wenn wir eine Straße überqueren. Sie muss dann an meine Hand, was sie für gewöhnlich auch bereitwillig tut, nur leider lässt sie des öfteren zwei Meter vorm Gehweg los und will sich hinsetzen. Auf die Straße. Sechsspurig, kurz vor Ende der Grünphase (ja, das weiß sie nicht, ist mir klar).
Das PRoblem ist, dass ich sie dann irgendwie auf den Gehweg bringen muss und da ich immer auch noch den Buggy zu manövrieren habe, läuft es auf zerren am Arm hinaus. Da ist es natürlich vorbei, jede gute Laune und Gutwilligkeit ist verschwunden. Sie will dann auch immer wieder unbedingt zurück auf die Straße, heute war sie so schnell, dass ich es nicht verhindern konnte und sie fast einer Radfahrerin vors Rad lief. Es war zum Glück nicht die sechsspurige Straße.
Laufen ist dann eh vorbei, Buggy auch, ich trage ein sich windendes brüllendes Kind, allerdings nur ein paar Meter weit. Dann läuft sie vielleicht doch, um das Spiel mit dem stehenbleiben, heulen, zurücklaufen und so erneut zu beginnen.
Ich schaffe es zum Glück bisher sehr geduldig und verständnisvoll zu sein, ich habe einen relativ großen Zeitpuffer, bis ich im Büro sein muss und den schöpfen wir auch grade so ziemlich aus.
Trotz allem habe ich heute ein beim Abschied heulendes Kind in der Kita abgeliefert. Das hatten wir seit einem halben Jahr nicht mehr.
Im Moment brauchen wir etwa eine Stunde von Tür zu Tür. Normal wären etwa 35 Minuten. Das ist zu lang, weshalb wir auch die Kita wechseln wollen.
Es gibt eine, die ganz ideal auf dem Weg zur U-Bahn liegt. Die besichtigen wir morgen und ich hoffe sehr, dass sie uns zusagt und außerdem ab Herbst ein Platz frei ist.
Bis dahin kaufe ich mir einen Schoner für meine Nerven. ;)